Handbuch Schutzkonzeptentwicklung in der ELKB

Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort des Landesbischofs

Ein Porträtfoto von Landesbischof Christian Kopp

Das hier vorgelegte Handbuch ist ein Beitrag zur Prävention von sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche. Kirchengemeinden, Dekanatsbezirke und Einrichtungen erhalten eine Hilfestellung zur Schutzkonzeptentwicklung in der ELKB.

Die Mitarbeitenden der Fachstelle sind regelmäßig in Bayern unterwegs, um das Bewusstsein für dieses wichtige Thema zu stärken. Sie geben konkrete Hilfestellungen, wie Fälle sexualisierter Gewalt möglichst verhindert werden können. Jeder Fall ist ein Fall zu viel.

Für alle Mitarbeitenden der Evangelischen Kirche sind alle diese Fälle entsetzlich. Es widerspricht vollkommen den Haltungen der Liebe Gottes und des Respekts vor jedem Leben, von denen die Kirche lebt. Es schreit zum Himmel, dass in der Evangelischen Kirche solche Fälle vorkommen.

Sexualisierte Gewalt ist das Gegenteil des christlichen Glaubens und Auftrags. Es beschämt uns zutiefst, dass Menschen sexualisierte Gewalt im Raum der Kirche erfahren haben und erfahren. Der Schutz von Mitarbeitenden wurde immer wieder höher bewertet als der Schutz und die Begleitung betroffener Personen. Wir arbeiten diese Haltungen und Vorkommnisse auf.

In der Kirche müssen wir konsequent handeln. Das Präventionsgesetz aus dem Jahr 2020 und das Rahmenschutzkonzept aus dem Jahr 2021 waren wichtige Meilensteine. Dieses Handbuch bietet praktische Hinweise zur Prävention von sexualisierter Gewalt. Auch die theologische Perspektive wird in diesem Handbuch aufgenommen. Denn die Erfahrung sexualisierter Gewalt im Raum der Kirche kann den Glauben der Betroffenen nachhaltig beschädigen oder gar zerstören.

Die Etablierung des Beteiligungsforums auf der Ebene der Evangelischen Kirche in Deutschland war ein zentral wichtiger Schritt für unsere gemeinsamen Schritte des konsequenten Handelns gegen sexualisierte Gewalt. Im Jahr 2024 wird auf Ebene der Evang.-Luth. Kirche in Bayern und der Diakonie Bayern eine unabhängige regionale Aufarbeitungskommission ihre Arbeit beginnen.

Dieses Handbuch zur Schutzkonzeptentwicklung in der ELKB ist ein wichtiges Hilfsmittel zur Unterstützung kirchlicher Präventionsarbeit und damit Ausdruck gelebten Glaubens.

Ich wünsche dem Handbuch viele aufmerksame Leserinnen und Leser und eine konsequente Umsetzung der Schutzkonzepte in den Kirchengemeinden, Dekanatsbezirken und kirchlichen Einrichtungen.

Landesbischof Christian Kopp

2. Einleitung der Fachstelle

Unsere Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern als einen sicheren Ort zu erfahren, an dem uns vertrauende Menschen ihren Glauben leben und Gemeinschaft gestalten können – für viele ist das der Grund, sich unserer Kirche zugehörig zu fühlen. Doch es gibt auch Menschen, die durch Mitarbeitende unserer Kirche zutiefst verletzt wurden. Dass Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer sexualisierte Gewalt in den Strukturen unserer Kirche erfahren, ist zutiefst beschämend.

Geborgenheit und Schutz in unserer Kirche

Als Konsequenz daraus müssen wir alles dafür tun, damit Geborgenheit und Schutz in unserer Kirche an jedem Ort in Bayern von allen empfunden werden kann. Für dieses Ziel setzen sich viele Menschen in ihren Orten und wir als Mitarbeitende der Fachstelle jeden Tag aufs Neue ein. Mit diesem Handbuch wollen wir Sie so gut wie irgend möglich bei der Erstellung der Schutzkonzepte unterstützen.

Immer weniger Menschen schultern immer mehr Arbeit in unserer Kirche. Und nun sind Sie auch noch aufgefordert, Ihr Schutzkonzept zu erstellen. Das Gefühl der Überlastung können wir gut nachempfinden. Dennoch halten wir daran fest, weil Ihnen und uns eines gemeinsam ist: Wir wollen Menschen in unsere Kirche als einen Ort des Glaubens und der Gemeinschaft einladen, an dem sie einander in Sicherheit und Respekt begegnen können.

Bei der Erstellung Ihres Schutzkonzeptes werden Sie merken, dass Sie sich Schritt für Schritt mit den eigenen Gegebenheiten vor Ort befassen: Sie lernen Ihre Kirchengemeinde, Ihren Dekanatsbezirk oder Ihre Institution aus einem anderen Blickwinkel kennen. Sie werden sich im Prozess mit möglichen Risiken und Potentialen vor Ort, mit sexualisierter Gewalt und anderen Formen von Missbrauch, mit nicht Erkanntem oder nicht Benanntem auseinandersetzen.

Schutzkonzepte machen sprach- und handlungsfähig

Gewalt kann sprach- und hilflos machen. Beim Schreiben der Schutzkonzepte finden Sie Worte für das, was so lang unsagbar blieb. Auf der einen Seite erkennen Sie Täter*innen-Strategien, Settings vor Ort, die sexualisierte Gewalt begünstigen können und potentielle Gefahrensituationen. Auf der anderen Seite werden Ihre eigenen Kompetenzen gestärkt und erweitert. Ihrer Intuition und Ihrem Bauchgefühl für Unstimmiges begegnen Sie mit mehr Aufmerksamkeit. Ein Schutzkonzept bietet wichtige Leitplanken der Orientierung und kann Ihre Arbeit mit klaren Kriterien besonders im Betreuungs- und Seelsorgekontext erleichtern.

Im System Kirche – ständig in Bewegung, ständig sich verändernd – braucht es klare Strukturen, Handlungsanleitungen und Informationen, die allen bekannt sein müssen zum Thema sexualisierter Gewalt. Ein Schutzkonzept ist ein wichtiger Baustein in der Weiterentwicklung Ihrer Kirchengemeinde, Ihres Dekanatsbezirks oder Ihrer Einrichtung hin zu einem Ort, an dem Partizipation, Respekt und Achtsamkeit für alle Menschen gelebt werden.

Dieses Handbuch möchte Sie mit Inhalten und Materialien im Prozess der Schutzkonzeptentwicklung unterstützen, zusätzlich zu allen Schulungen und Beratungen, die von unserer Fachstelle angeboten werden.

So kann es uns gelingen, dass die Schutzkonzepte dazu beitragen, unsere Kirche als einen Ort des Glaubens, der Gemeinschaft und gleichzeitig der Geborgenheit und des Schutzes erfahrbar zu machen.

Die Mitarbeitenden der Fachstelle für den Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Evangelisch-Lutherischen Kirche Bayern

3. Theologische Grundlagen

Dass Sie individuelle Schutzkonzepte für Ihre Kirchengemeinde, Ihren Dekanatsbezirk oder Ihre Einrichtung erstellen, ist im Präventionsgesetz der ELKB so vorgeschrieben. Es geht aber nicht allein darum, dem Kirchenrecht Genüge zu tun. Wir haben auch eine theologische Verantwortung.

Zurecht wird an uns als Kirche ein hoher Maßstab angelegt. Dass sexualisierte Gewalt in unserer Kirche stattgefunden hat und stattfindet, ist ein Skandal. Es ist erschreckend und beschämend. Neben unserer Botschaft der unermesslichen Liebe Gottes für die Menschen treten die Fälle sexualisierter Gewalt besonders dunkel hervor. Gott wurde in Jesus ganz Mensch. Als ein verletzliches Kind kam er auf diese Welt. Wo wir Kinder, Jugendliche und erwachsene Menschen nicht vor Gewalt schützen konnten, haben wir uns auch Gott gegenüber schuldig gemacht. „Was ihr nicht getan habt einem von diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan.“ lesen wir im 25. Kapitel im Matthäusevangelium.

Drei Grundsätze leiten den Umgang mit sexualisierter Gewalt in unserer Kirche:

  1. Wir sind auf der Seite der betroffenen Menschen.
  2. Die Schuld liegt allein bei den Täter*innen. Wo auch immer die Kirche Taten zu vertuschen versucht und/oder Betroffene nicht unterstützt hat, ist sie mitschuldig geworden.
  3. Die erlebte sexualisierte Gewalt begleitet Betroffene oft ein Leben lang. Aufarbeitung sieht individuell sehr unterschiedlich aus und hat kein festes Ende.

Diese Grundsätze leiten sich aus dem Wissen um Täter*innen-Strategien ab. Sie können sich aber auch theologisch ableiten:

  1. Gott gibt jedem Menschen Würde. Das lesen wir ganz am Anfang der Bibel. Diese Würde darf nicht verletzt werden. Das ist auch im Grundgesetz verankert. Gott ist auf der Seite der Opfer. Er ist ein Gott, der die Schreie seines Volkes und seiner Kinder hört. Er erhöht die Niedrigen. Daraus ergibt sich für uns als Kirche eine „Option für die Betroffenen“. Das ist unsere Perspektive. Wir sind verantwortlich dafür, den „Schwachen“ einen Schutzraum aufzutun.
  2. Gott ist ein barmherziger Gott. Er vergibt Schuld und ermutigt uns Menschen dazu, einander zu vergeben. Dies bedeutet jedoch unter keinen Umständen, dass Betroffene ihren Täter*innen vergeben müssen. Wo dies gefordert wird, wiederholt sich Gewalt in Form von spirituellem Missbrauch. Heilsam kann für Betroffene sein, barmherzig mit sich selbst zu sein. Hier ist Aufgabe der Kirche Räume zu schaffen, die dies unterstützen. Täter*innen wiederum haben ein unterentwickeltes Schuldbewusstsein. Im Kontakt mit ihnen ist es Aufgabe der Kirche, Böses als Böses zu benennen und keine billige Gnade zu erteilen.
  3. Gott stellt den Menschen unter seinen Segen. Die Bibel kennt viele Bilder für seinen Schutz. Er ist wie ein Schild, er verteidigt Menschen wie eine Bärin. Gott stellt Kinder unter einen besonderen Schutz. Er segnet sie. Jesus stellt Kinder als Glaubensvorbilder dar. Wo Menschen allerdings sexualisierte Gewalt in der Kirche erfahren haben, kann der Glaube an diesen segnenden, schützenden Gott Brüche bekommen oder ganz verloren gegangen sein. Es ist wichtig zu wissen, wie Traumata „funktionieren“, um ansatzweise zu verstehen, was Betroffene durchmachen. Wo dies gewünscht ist und das entsprechende Wissen vorhanden ist, können Betroffene in ihrer individuellen Aufarbeitung auch innerhalb der Kirche begleitet und unterstützt werden. Zuvorderst ist es aber Aufgabe der Kirche, die institutionelle Aufarbeitung voranzutreiben. Gewalt, Verbrechen und ihre Strukturen müssen aufgedeckt werden. Dem prophetischen Ruf, uns für Gerechtigkeit, Heilung und Freiheit einzusetzen, muss die Kirche noch konsequenter folgen.

An uns alle stellt sich die Aufgabe, unsere Theologie mit dem Wissen um sexualisierte Gewalt kritisch zu hinterfragen. An verschiedenen Punkten hat nämlich auch unsere Theologie mit dazu beigetragen, dass sexualisierte Gewalt stattfinden konnte oder nicht aufgedeckt wurde.

Faktoren, die dazu beigetragen haben, eine Kultur der Gewalt auch in unserer Kirche aufrechtzuerhalten, können sein:

  • Unterordnung: Viele der Briefe im neuen Testament fordern Unterordnung, vor allem von Frauen.[1] Dies geht so weit, dass sogar Unterordnung im Kontext von Schlägen und Gewalt gefordert wird.[2]
  • Leiden: In den Briefen, aber auch stellenweise in den Evangelien wird Leiden in einen positiven Kontext gestellt, da auch Christus gelitten hat.[3]
  • Vergebung: Ähnlich wie beim Leiden, wird bisweilen Christus als Vorbild für seine Vergebungsbereitschaft dargestellt.
  • Scheidung: Die Ehe wird so hochgeschätzt, dass ein Verbleiben in einer missbräuchlichen Ehe als das geringere Übel betrachtet werden kann.[4]
  • Gott Vater: Die Betonung von Gott als Vater, obwohl die Bibel auch Bilder von Gott als Mutter kennt, unterstützt die Geschlechterungerechtigkeit unserer Gesellschaft.
  • Demut und Dienen: Diese Tugenden können leicht dazu missbraucht werden, Unterdrückung zu rechtfertigen, wo sie von denen gefordert werden, die in der Hierarchie weiter unten stehen.

Faktoren, die helfen, einer Kultur der Gewalt entgegenzuwirken, sind:

  • Schöpfung: Gott erschafft den Menschen männlich und weiblich. So wie er Morgen und Abend und damit alle Zeiten dazwischen erschafft. Kein Geschlecht wird über ein anderes gestellt. „Und siehe, es war sehr gut.“[5]
  • Jesus: Er beruft Männer und Frauen als Jünger und Jüngerinnen. Er verteidigt Frauen gegenüber den Aposteln und anderen Männern, stellt sie als Glaubensvorbilder dar. Er lässt die Kinder zu sich kommen, segnet sie und stellt auch sie als Glaubensvorbilder dar. Er hinterfragt gesellschaftliche Normen und konterkariert die Machtverhältnisse seiner Zeit.
  • Gleichberechtigung: In Christus gelten neue Maßstäbe: Herkunft, Status, Geschlecht spielen keine Rolle – alle sind eins in Christus, alle kommen von Gott.[6]
  • Fülle: Jesus legt eine Vision von einer Welt (und Kirche) nahe, in der alle Leben in Fülle haben.[7]
  • Demut und Dienen der Mächtigen: Nicht die Kinder, Jugendlichen und schutzbedürftigen Erwachsenen, sondern die Pfarrer*innen, die Leitenden, die Verantwortlichen sind aufgerufen zu dienen und eine Haltung der Demut einzunehmen.[8]
    Diese Auflistung ist nicht vollständig. Sie soll dazu anregen, über die eigene Theologie ins Nachdenken zu kommen. Wo predigen, arbeiten, leiten und begleiten wir so, dass es dem Leben dient? Dass Gottes frohe Botschaft und seine unermessliche Liebe ungetrübt strahlen kann? Dass Menschen aufgerichtet, getröstet, gestärkt und motiviert werden?Ihre individuellen Schutzkonzepte werden dazu beitragen.

Fußnoten:

  • [1] Eph 5,22-23; 1. Tim 2,11-15; 1. Kor 14,33-35; 1. Kor. 11,3-16; Kol 3,18; 1. Petr 3,1-6; Tit 2,4-5
  • [2] 1. Petr. 2,13-3,14
  • [3] Röm 5,3-4; 2. Kor. 4,17; Kol 1,24; Jak 1,12; Lk 14,27; Phil 3,10
  • [4] Mal 2,16; Mat 19,1-10
  • [5] Gen 1,31
  • [6] Gal 3,28; 1. Kor 11,11
  • [7] Joh 10,10b
  • [8] Mi 6,8; Mk 10,43

4. Schritte bei der individuellen Schutzkonzeptentwicklung

Folgende Schritte können Sie auf dem Weg zu Ihrem individuellen Schutzkonzept gehen. Eine Vorlage zum Ablaufplan, auf dem Sie u.a. die Verantwortlichen und das jeweilige Zeitfenster eintragen können, finden Sie im Anhang.

1. Beschluss

Im betreffenden Leitungsgremium das Thema Prävention sexualisierter Gewalt auf die Tagesordnung setzen und einen Beschluss fassen,

  • dass ein Schutzkonzept entwickelt wird,
  • wer dafür zuständig ist,
  • für welche Einheit es entwickelt werden soll (z. B. Kirchengemeinde, Subregion, Dekanatsbezirk, Einrichtung)
  • und wie der Prozess der Schutzkonzeptentwicklung partizipativ gestaltet werden kann.

2. Gründung der Arbeitsgruppe

Gründen Sie eine Arbeitsgruppe zum Thema Schutzkonzeptentwicklung mit Mitgliedern aus relevanten Arbeitsbereichen (z. B. Jugendarbeit, Besuchsdienst) und der jeweils zuständigen Mitarbeitendenvertretung. Überlegen Sie, ob Sie sich zusammen mit anderen Kirchengemeinden oder Einrichtungen gemeinsam auf den Weg machen wollen.

Eine Bereicherung der Schutzkonzeptarbeit kann es auch sein, wenn Sie Fachkräfte aus der Umgebung anfragen, um den Prozess zu moderieren oder Bausteine nach Absprache auszuarbeiten. Als hilfreich hat sich erwiesen, dass eine Person in der Arbeitsgruppe die Projektleitung übernimmt und Kontakt zur Fachstelle für Absprachen und Klärungen hält.

3. Schulung der Arbeitsgruppe

Alle Mitglieder der Arbeitsgruppe sollen Grundwissen zum Thema sexualisierte Gewalt haben, also möglichst im Vorfeld an einer Basisschulung teilgenommen haben.

Sie können sich auch mit anderen Arbeitsgruppen aus der Region oder in der Nachbarschaft vernetzen, um eine Schulung mit der Fachstelle für den Umgang mit sexualisierter Gewalt in der ELKB zu organisieren.

4. Prozess öffentlich machen

Informieren Sie Ihre Gemeinde oder Einrichtung darüber, dass Sie sich auf den Weg gemacht haben, ein Schutzkonzept zu erarbeiten. Dazu finden Sie Material (Logo, Pressebausteine) rechts im Downloadbereich.

5. Grundsätzliche Vereinbarungen

Beim ersten Treffen der AG klären Sie den organisatorischen Rahmen und beantworten für sich folgende Fragen:

  • In welchem Rhythmus treffen wir uns?
  • Welches Material brauchen wir für die nächsten Treffen?
  • Welche Fragen müssen noch vorab geklärt werden?
  • Welche Unterstützung benötigen wir?

6. Risiko- und Potentialanalyse

Führen Sie unter Beteiligung relevanter Zielgruppen eine Risiko- und Potentialanalyse durch.

Nutzen Sie hierfür den Fragebogen der Fachstelle für den Umgang mit sexualisierter Gewalt und/oder andere passende Methoden für die unterschiedlichen Zielgruppen.

7. Erarbeitung der Bausteine des individuellen Schutzkonzeptes – ein Vorschlag fürs Vorgehen

  • Die Fachstelle hat für Sie bereits die Bausteine Leitbild, Verhaltenskodex, Interventionsleitfaden, Aufarbeitung, Rehabilitation und Beschäftigtenschutz erstellt. Machen Sie sich mit diesen vertraut und übernehmen Sie sie in Ihr Schutzkonzept.
  • Wenn Sie als Kirchengemeinde ein Schutzkonzept erstellen, bringen Sie in Erfahrung, welche Bausteine darüber hinaus für Sie bereits auf Dekanatsebene erstellt wurden, machen Sie sich mit diesen vertraut und übernehmen Sie sie in Ihr Schutzkonzept. Wenn Sie es für einen Dekanatsbezirk erstellen, achten Sie besonders auf die Bausteine, die Sie als Dekanat für alle Kirchengemeinden bearbeiten, und erstellen Sie diese zuerst.

    Wenn Sie als Einrichtung Ihr Schutzkonzept erstellen, übernehmen Sie die Bausteine der Fachstelle und fahren Sie dann mit den weiteren fort.

    Wir stellen Ihnen eine Dokumentenvorlage zur Verfügung, in der Sie arbeiten können.

  • Halten Sie für die Erarbeitung der Bausteine Ihre Ergebnisse aus der Risiko- und Potentialanalyse bereit. Sie werden sie bei der Weiterarbeit brauchen.
  • Lesen Sie die Infotexte und folgen Sie den Anleitungen aus dem Handbuch. Nutzen Sie gerne die jeweiligen Beispieltexte und passen Sie sie ggf. an.
  • Legen Sie den Schwerpunkt bei der Erarbeitung darauf, zu überlegen, wie Sie die einzelnen Bausteine durch konkrete Maßnahmen in den Alltag übertragen können. Hierbei ist ein wichtiger Leitgedanke: Die Maßnahmen, die sie beschreiben, sollen realitätsnah und für Ihre Rahmenbedingungen alltagstauglich sein. Ziehen Sie hierbei auch immer die Ergebnisse Ihrer Risiko- und Potentialanalyse zu Rate. Was muss getan werden, um bei den Fragen des Fragebogens zu einem „Ja“ zu kommen?
  • Legen Sie für Ihre Maßnahmen Themenwächter*innen und einen Zeitplan der Umsetzung fest. Priorisieren Sie Maßnahmen, die große Risiken minimieren und solche, die Sie leicht umsetzen können.
  • Nutzen Sie auch weiterhin die Unterstützung und Beratung durch die Fachstelle.
  • Nachdem Sie alle Bausteine erstellt haben, überprüfen Sie ein letztes Mal die Ergebnisse Ihrer Risiko- und Potentialanalyse: Welche Ergebnisse wurden noch nicht bei der Erstellung der Bausteine berücksichtigt? Was muss noch in weitere konkrete Maßnahmen münden? Ergänzen Sie auch diese Maßnahmen in Ihrer Liste.

8. Überprüfung und Abnahme des Schutzkonzeptes durch die Fachstelle

Nachdem das Schutzkonzept fertiggestellt worden ist, setzen Sie die Regionalbeauftragten oder die*den Koordinator*in der Fachstelle (Fachbereich Prävention) davon in Kenntnis und schicken dieser Person das fertige Schutzkonzept zu. Diese überprüft Ihr Konzept und berät Sie, falls noch letzte Anpassungen nötig sind. Die Kontaktdaten aller Regionalbeauftragten sind auf www.aktivgegenmissbrauch-elkb.de zu finden.

Wichtige Kriterien bei der Überprüfung sind:

  • Alle im Handbuch beschriebenen Bausteine sind im Schutzkonzept vorhanden.
  • Alle relevanten Personen (z.B. Ansprechpersonen) sind berufen und benannt.
  • Alle Formulare sind im Schutzkonzept enthalten und ausgefüllt.
  • Das Schutzkonzept ist sprachlich sensibel formuliert.

9. Beschluss im entsprechenden Leitungsgremium

Sobald Ihr Schutzkonzept fertig überprüft wurde, muss es im entsprechenden Leitungsgremium beschlossen werden.

10. Veröffentlichung von relevanten Bausteinen des Schutzkonzeptes

Schutzkonzepte sind nicht für die Schublade gedacht, sondern müssen in der alltäglichen Praxis umgesetzt werden. Daher müssen jetzt die Mitarbeitenden, die uns anvertrauten Menschen und die Öffentlichkeit informiert werden (siehe Baustein Öffentlichkeitsarbeit). Überlegen Sie, wie und wo relevante Bausteine Ihres Schutzkonzeptes präsentiert werden.

11. Umsetzung des Schutzkonzeptes

Die Erstellung eines Schutzkonzeptes endet nicht mit dem Beschluss und seiner Veröffentlichung. Die vereinbarten Maßnahmen müssen in die Praxis umgesetzt und gelebt werden. Erst dann entwickelt das Schutzkonzept seine präventive Wirkung.

Dabei sind die Präventionsbeauftragten, in ihrer Funktion als Themenwächter*innen, wichtig. Auch benannte Ansprechpersonen für von sexualisierter Gewalt Betroffene und Multiplikator*innen, die Schulungen für die Mitarbeitenden durchführen, sind bei der Umsetzung wichtige Personen.

12. Überprüfung und Weiterentwicklung des Schutzkonzeptes

Was heute für die Gemeinde oder Einrichtung passend ist, kann zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr gelten. Daher muss das Schutzkonzept in regelmäßigen Abständen überprüft und gegebenenfalls weiterentwickelt werden, im Regelfall alle fünf Jahre.

Ausnahme: Bei Vorfällen von sexualisierter Gewalt in der Kirchengemeinde oder in der Einrichtung muss das Schutzkonzept als Teil der Aufarbeitung umgehend überprüft und angepasst werden, vor allem hinsichtlich (noch) nicht berücksichtigter Risikofaktoren.

Manchmal gibt es Bedenken bis hin zu Widerständen innerhalb der Gemeinde (Dekanatsbezirk, Einrichtung). Betrachten Sie dies als normale mögliche Dynamik unter dem Blickwinkel, dass es Menschen gibt, die anders auf das Thema schauen. Überlegen Sie, was der Grund dafür sein kann.

Die Menschen sind nicht ausreichend für das Thema sensibilisiert.

  • Kann eine Präsenz- oder Online-Schulung besucht werden?

Es fehlt an Kommunikation über die Bedeutung und den Sinn eines Schutzkonzeptes.

  • In welchen Formaten könnten Sie vor Ort weiter zu dem Thema informieren?

Es gibt (noch) keine Form der Beteiligung der Menschen, inklusive kritischer Auseinandersetzung.

  • Je früher Sie Beteiligungsmöglichkeiten schaffen, desto weniger Gegenwind bekommen Sie später.

Aber: Manche Widerstände lassen sich nicht ausräumen. Manchmal haben sie auch persönlich-biographische oder andere Gründe. Bleiben Sie gelassen.

Vorlage Ablaufplan Schutzkonzeptentwicklung

Vorlage Gliederung Schutzkonzept inklusive aller Beispieltexte zu den Bausteinen

Logo „Aktiv gegen Missbrauch“

Pressemeldungen für den Schutzkonzeptprozess

5. Zur Verwendung des Handbuches

Wir wollen es Ihnen möglichst einfach machen, ein Schutzkonzept zu erstellen. Gleichzeitig wollen wir, dass es seine präventive Wirkung entfalten kann. Daher bieten wir Ihnen Bausteine, die Sie „einfach so“ übernehmen können. Wir bitten Sie aber sehr um eine intensive und partizipative Auseinandersetzung, damit diese bei Ihnen vor Ort tatsächlich präventiv wirken.

Folgen Sie diesem Vorschlag, sind auf Kirchengemeindeebene nur die Bausteine Partizipation und sexualpädagogisches Konzept gänzlich neu. Alle anderen Bausteine sind entweder von der Fachstelle oder vom Dekanatsbezirk schon vorgearbeitet worden. Vor Ort setzen Sie sich dann möglichst partizipativ mit diesen Bausteinen auseinander und passen sie Ihren individuellen Gegebenheiten an.

Von der Fachstelle wurden folgende Bausteine erstellt, die in Ihr Schutzkonzept übernommen werden können:

  • Leitbild
  • Verhaltenskodex
  • Interventionsleitfaden
  • Aufarbeitung
  • Rehabilitation
  • Beschäftigtenschutz

Darüber hinaus empfehlen wir den Dekanatsbezirken für ihre Kirchengemeinden Bausteine bearbeiten, die von allen Kirchengemeinden vor Ort übernommen werden können (Einrichtungen bearbeiten diese selbstständig). Auch hier können Sie jedoch im Handbuch auf Beispieltexte der Fachstelle als Grundlage zurückgreifen.

  • Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten (z.B. Präventionsbeauftragte)
  • Interventionsteam
  • Schulung und Fortbildung
  • Präventives Personalmanagement
  • Vernetzung
  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Beschwerdemanagement

Auf allen Ebenen (Kirchengemeinde, Dekanatsbezirk, Einrichtung) führen Sie eine Risiko- und Potentialanalyse durch und erarbeiten bzw. bearbeiten dann individuell noch die folgenden Bausteine:

  • Partizipation
  • Nähe und Distanz/ Verhaltenskodex (z.B. wo findet eine Auseinandersetzung damit statt?)
  • Sexualpädagogisches Konzept
  • Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten (z.B. Ansprechperson)
  • Schulung und Fortbildung (z.B. wer muss geschult werden, wie wird Teilnahme dokumentiert etc.)
  • Präventives Personalmanagement (vor Ort)
  • Öffentlichkeitsarbeit (z.B. eigene Homepage, Gemeindebrief etc.)
  • Beschwerdemöglichkeiten (vor Ort)

Folgen Sie diesem Vorschlag, sind auf Kirchengemeindeebene nur die Bausteine Partizipation und sexualpädagogisches Konzept gänzlich neu. Alle anderen Bausteine sind entweder von der Fachstelle oder vom Dekanatsbezirk schon vorgearbeitet worden. Vor Ort setzen Sie sich dann möglichst partizipativ mit diesen Bausteinen auseinander und passen sie Ihren individuellen Gegebenheiten an.

Einrichtungen übernehmen die Bausteine der Fachstelle (siehe oben) und erarbeiten alle weiteren selbstständig. Aber auch hier gilt: schließen Sie sich mit anderen Einrichtungen zusammen oder tauschen Sie sich aus (Vernetzung), um die Arbeit zu erleichtern und um im Sinne der „best practice“ voneinander zu lernen.

Bitte beachten Sie, dass in manchen Bereichen des Schutzkonzeptes die Beteiligung der Mitarbeitendenvertretung zwingend notwendig ist. Und zwar dort, wo es um die Belange der beruflichen Mitarbeitenden geht und um eine eventuelle Anpassung des Verhaltenskodexes.

Die Mitarbeitendenvertretung als Schnittstelle zwischen Dienstgeber*in und beruflichen Mitarbeitenden ist oft die erste Ansprechpartnerin der Mitarbeitenden. Sie kann vor Ort einen wichtigen Anlaufpunkt bilden, um eine Erstberatung zu leisten und auf die entsprechenden Verfahren und Ansprechpartner*innen hinzuweisen, bzw. dabei zu unterstützen.

Alle Beispieltexte, die in diesem Handbuch enthalten sind, wurden vom Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen Evangelische-Lutherische Kirche Bayern beschlossen.